Screenshot: Bundestagsmediathek 27.04.2022, 17:17 Uhr
„Das Ziel ist eine leistungsfähige, hochmoderne. fortschrittliche Bundeswehr, die uns zuverlässig schützt. […] Wir brauchen Flugzeuge, die fliegen, Schiffe, die in See stechen, und Soldaten und Soldatinnen, die für ihre Aufgabe optimal ausgerüstet sind – darum geht es. Aber machen wir uns nichts vor: Ausrüstung, besseres Einsatzgerät, mehr Personal – das kostet viel Geld. Wir werden dafür ein Sondervermögen Bundeswehr einrichten. Der Bundeshaushalt 2022 wird dieses Sondervermögen einmalig mit 100 Milliarden Euro ausstatten. Wir werden von nun an Jahr für Jahr mehr als 2% des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren.“
Als Bundeskanzler Olaf Scholz dieses Programm in seiner Regierungserklärung am 27. Februar 2022 vorstellte, erhoben sich die Fraktionen der Union und der FDP zum Applaus und in diese Standing Ovation hinein ergänzte der Kanzler: „Und, meine Damen und Herren, ich richte mich hier an alle Fraktionen des Deutschen Bundestages: Lassen Sie uns das Sondervermögen im Grundgesetz absichern.“ Das war die zeitenwendende Ankündigung von Olaf Scholz unter dem Eindruck des Überfalls der russischen Armee auf die Ukraine drei Tage zuvor.
Friedrich Merz hat in seiner Antwort diese Zeitenwende in der Sicherheitspolitik begrüßt und die geschlossene Unterstützung der Union für solch ein „Sondervermögen Bundeswehr“ zugesagt. Ihm, uns allen, war klar, dass die Regierung die Unterstützung der Union dringend brauchen werde. Schon an der mehr als verhaltenen Reaktion der SPD-Fraktion und weiter Teile der Grünen konnten wir ja sehen, dass es mit der Unterstützung in den eigenen Reihen sehr schwierig werden würde. Deswegen hatte Olaf Scholz auch zu diesem Mittel der Überrumpelung gegriffen - und zwar zur Überrumpelung seiner eigenen Fraktion - , als er an ihr vorbei im Bundestag diese neue Politik verkündete und, wie der Figaro in Paris titelte, 70 Jahren Pazifismus den Rücken kehrte.
2 . Das Problem für das Sondervermögen ist nicht die Unionsfraktion
Die Union war und ist bereit, dieses Sondervermögen für die Ausrüstung der Bundeswehr aufzunehmen und in Art. 87a GG zu verankern. Die Union liegt hier voll und ganz auf der Linie, die der Bundeskanzler am 27.02.22 vorgegeben hat. Das Problem der Regierung ist - wie so oft in dieser Regierungskoalition - nicht die Union, sondern die Ampelfraktionen. Insbesondere die SPD tut sich schwer damit, diese 100 Milliarden Euro ausgerechnet und ausschließlich der Bundeswehr zukommen zu lassen. Schon wird der Begriff der Verteidigungsfähigkeit, zu der die Bundeswehr ertüchtigt werden soll, neu ausgelegt. Rolf Mützenich (SPD) möchte, dass humanitäre Hilfe, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Abrüstung genauso gestärkt werden. Plötzlich soll auch zivile Krisenprävention aus diesen Mitteln finanziert werden.
Und um diese Uneinigkeit zu verdecken, geht der Angriff der Regierung und der Fraktionsvorsitzenden wieder gegen uns. Das kennen wir schon von der Sache mit der Impfpflicht, die Kanzler Scholz bestellt hatte, ohne die Rechnung mit seiner Ampelkoalition gemacht zu haben.
Das Bundeswehrsondervermögensgesetz, das die Regierung am Mittwoch in den Bundestag eingebracht hat, entspricht nicht dem „Sondervermögen Bundeswehr“, das Olaf Scholz am 27.02.22 angekündigt hatte. Wir haben manifeste Zweifel, ob die Ampel wirklich die Mittel zur Stärkung der Bundeswehr verwenden will, um die Streitkräfte für die Landesverteidigung und unsere Bündnisfähigkeit auszurüsten.
3. Es gibt keinen Blankoscheck - Unsere Bedingung sind klare Formulierungen schon im Grundgesetz
Wir haben von Anfang an deutlich ausgesprochen, dass wir großen Wert auf klare Formulierung schon im Grundgesetz legen. Es soll klar ausformuliert sein, dass das Sondervermögen für die Bundeswehr ist, dass das Beschaffungswesen reformiert und wie die Tilgung getätigt werden soll. Wir haben außerdem von Anfang an darauf gedrungen, dass die Union, wenn sie zustimmen soll, bei der Verwendung der Mittel mitsprechen muss. Nichts davon ist geschehen. Das Gesetz, das uns nun vorgelegt worden ist, wäre ein Blankoscheck über 100 Milliarden Euro, verankert im Grundgesetz. Wie könnten wir da zustimmen?
4. Kommandoaktion und „Hütchenspielen“
Die Lage ist wieder einmal misslich für die Regierung. Mit ihrer Mehrheit im Bundestag könnte sie eine gewaltige Erhöhung des Verteidigungsetats ganz allein beschließen. Weil sie das aber mit ihren Fraktionen nicht kann, geht der Weg über das Sondervermögen, das im Grundgesetz verankert werden soll. Damit holt sie die Union ins Boot, legt ein Gesetz vor, auf dem „Bundeswehrsondervermögen“ steht, wo aber keines drin ist, und stellt die Union, die zu Recht so nicht zustimmen kann, als eine Opposition dar, die parteitaktische „Spielchen“ oder gar politisches „Bodenturnen“ betreibe. Die Sache mit dem „Hütchenspieler“, wie Agnes Strack-Zimmermann (FDP) Olaf Scholz nannte, trifft diese Kommandoaktion der Ampel schon besser.
5. Die Union steht zu dem Sondervermögen zur Ausrüstung der Bundeswehr
Festzuhalten ist, dass die Union nach wie vor die Ausrüstung der Bundeswehr über ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro gesetzgeberisch unterstützt. Dass die Mittel auch tatsächlich bei der Bundeswehr ankommen, muss im Grundgesetz ausformuliert sein. Die Stärkung der Bundeswehr ist der sicherste Weg zur Stärkung unserer Bündnisfähigkeit und des Friedens in Mitteleuropa
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