Wolf in Lippetal

                                                                           Foto: Soester Anzeiger

In Nord- und Mitteldeutschland besteht die höchste Wolfsdichte weltweit

Auch in Lippetal wurde nun ein Wolf gesichtet.

Michael Dülberg, Soester Anzeiger, fragte mich nach meiner Einschätzung. Werden wir die dauerhafte Ansiedlung von Wolfsrudeln hierzulande zu gewärtigen haben?  Halte ich bundesweit eine Kontrolle der Population durch die Jägerschaft für nötig?



Soester Anzeiger, 16.02.2020, Michael Dülberg

Raubtier in Lippetal:  "Wölfe dauerhaft sehr unwahrscheinlich"

Er ist Jäger und zum zweiten Mal Mitglied im Deutschen Bundestag. Privat agiert der Lippetaler Christdemokrat auch als Jäger im heimischen Revier.


Herr Thies, eine Wiederkehr des Wolfs in Lippetaler Waldgebiete scheint möglich, nachdem im Uentroper Wald ein Wolf in der Fotofalle „gefangen“ wurde. Wie finden Sie als Jäger und Politiker die Vorstellung, dass sich hier wieder ein Rudel Wölfe bildet?

Ein Wolfsrudel besteht aus sechs bis zehn Individuen. Sein Territorium umfasst circa 10 bis 15 000 Hektar. Da wir hier in Lippetal nur über kleinere Waldgebiete verfügen, glaube ich nicht, dass sich bei uns dauerhaft ein Wolfsrudel etablieren wird. Als Durchzügler, die sich temporär in Lippetal aufhalten, müssen wir künftig aber vermehrt mit einzelnen Wölfen rechnen.

In unserer dicht besiedelten Kulturlandschaft ist der Wolf meines Erachtens fehl am Platze. Dies gilt nach meiner Einschätzung für die meisten Regionen in Nordrhein-Westfalen. Die Konflikte mit der Bevölkerung im ländlichen Raum, vor allem aber mit den Weidentierhaltern, lassen sich mit vertretbarem Aufwand nicht lösen.


Welche Gefahren für Mensch und Tier gehen Ihrer Ansicht nach von den Wölfen aus, zumal wir hier keine riesigen Waldgebiete vorfinden, aber viele Kotten im Außenbereich, die zum Teil Haus- oder Nutztiere halten?

Da Wölfe in Deutschland als streng geschützte Art gelten und deshalb bisher weder gestört (vergrämt) noch getötet werden dürfen, haben sie nicht gelernt, dass ihnen von Menschen Gefahren drohen. Vielfach haben sie daher ihre natürliche Scheu vor Menschen abgelegt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass Wölfe gefährliche Raubtiere sind. Schulkinder, die an entlegenen Haltestellen auf den Bus warten, sind ebenso gefährdet wie Spaziergänger, die in der freien Landschaft mit ihren Hunden Gassi gehen. Gegenüber Hunden verhalten sich Wölfe oft besonders aggressiv.

Ein wolfssicherer Herdenschutz ist mit vertretbarem Aufwand nicht möglich. Weidetiere, insbesondere Schafe, Ziegen, Rinder, Kälber, kleine Pferde und Gehegewild sind eine leichte Beute für den Wolf. Gerade die Weidetierhaltung ist jedoch ökologisch besonders wertvoll. Die Rückkehr der Wölfe nach Deutschland ist für die heimischen Weidetierhalter nicht nur ökonomisch, sondern im Schadensfall auch emotional eine Katastrophe. Auch haftungsrechtlich ergeben sich riesige Probleme, wenn Weidetiere durch das Auftauchen von Wölfen in Panik geraten, ausbrechen und sodann kopflos viel befahrene Straßen oder Eisenbahnstrecken überqueren.


Sollten die Jagdbesitzer und Jäger die Möglichkeit bekommen, die Vorkommen der Wölfe durch Bejagung zu kontrollieren?

Nach den offiziellen Zahlenangaben der Bundesregierung gibt es derzeit rund 1500 Wölfe in Deutschland. Dies sind weit mehr Wölfe als in ganz Skandinavien und im Baltikum zusammen. In Nord- und Mitteldeutschland besteht inzwischen die größte Wolfsdichte weltweit. Die natürliche Zuwachsrate liegt bei 30 Prozent jährlich. Es ist deshalb höchste Zeit, auch in Deutschland eine bestandsregulierende Bejagung der Wölfe im Rahmen von behördlichen Managementplänen einzuleiten.

Jäger wären aufgrund ihrer Ausbildung, ihrer Ausstattung und wegen ihrer Revierkenntnisse sicherlich am besten geeignet, die Wolfsbejagung durchzuführen. Da dieses Thema aber in unserer Gesellschaft hoch kontrovers und sehr emotional diskutiert wird, bräuchten Jäger dafür zunächst einen klaren Rechtsrahmen und einen eindeutigen behördlichen Auftrag. Solange es daran fehlt, kann ich jedem Jäger nur dringend anraten „Hände weg vom Wolf“.




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